SCHIEFLAGE - Damit Sie in jeder Lage schief gewickelt sind!
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Stress ohne Grund

Nachdem der letzte Bankenstresstest für die meisten Geldinstitute ruhig verlief, wollen die Prüfer die Banken nun mal so richtig stressen. In den kommenden Monaten müssen alle Europäischen Geldinstitute eine Reihe schwieriger Einzeltests bestehen, um auch weiterhin als sicher bzw. als relativ sicher bzw. als nicht völlig unsicher bzw. wenigstens noch formal als Bank zu gelten. Die Schieflage sprach mit dem EZB-Präsidenten Mario Draghi darüber, wie dieser Stresstest vonstatten gehen soll.

Schieflage: Herr Draghi, ihre Aufgabe wird es sein, Europas Banken in den kommenden Monaten auf Herz und Niere zu prüfen.

Mario Draghi: Wenn ich ihnen da schon einmal widersprechen darf, Herr äääh ... Banken haben kein Herz. Und die Nierenfunktion einer Bank ist für unseren Test unerheblich. Falls diese versagt, gibt es ja immer noch die Möglichkeit der Dialyse, also der Geldwäsche.

Schieflage: Aber sie werden schon darauf achten, dass die Geldinstitute für den Krisenfall ausreichend gewappnet sind?

Mario Draghi: Das ist richtig. Zu diesem Zweck haben sogenannte Experten verschiedene Krisenszenarien entwickelt, mit denen wir die einzelnen Banken konfrontieren werden.

Schieflage: Können sie uns verraten, wie diese Tests in der Praxis aussehen sollen?

Mario Draghi: Eines dieser Szenarien nennen wir "Die Schweinchen und der böse Wolf". In der ersten Stufe überprüfen wir, wie häufig ein Geldinstitut mit sogenannten "faulen Papieren" handelt. Diesen Test können wir nur indirekt führen, da niemand mehr versteht, worin der Wert eines Wertpapiers überhaupt besteht – der Kunde nicht, der Banker nicht, derjenige, der dieses Papier erfunden hat, erst recht nicht, und wir schon mal gar nicht. In dem Moment, wo wir versuchen, faule Papiere als faul zu entlarven, werden schon wieder neue Papiere gehandelt, die darauf wetten, ob es uns gelingt, faule Papiere als faul zu entlarven oder nicht. Und ob diese neuen Papiere dann als faul eingestuft werden müssten, würde ja nur von davon abhängen, wie gründlich wir unsere Arbeit machen.

Schieflage: Das leuchtet ein. Wie wollen sie denn stattdessen diesen indirekten Beweis führen?

Mario Draghi: Indem von uns eingeschleuste Faul-Männer wie Gerhard Schröder, Carsten Maschmeyer oder Egon Olsen ahnungslosen Bankern reine Fantasiepapiere wie "Staatsanleihen der Republik Schlumpfhausen", "Staatliche Lotterielose zugunsten der Stiftung ‚Ein Herz für Banker’" oder "EEG-Umlagefonds", die schon zehn Meter gegen den Kapitalfluss faulig riechen, als lohnende Geldanlage anzudrehen versuchen. Wenn das Schweinchen den bösen Wolf hereinlässt, haben wir die Bank gefressen.

Schieflage: Und wenn die Geldinstitute es durchschauen, gelten sie als sicher?

Mario Draghi: So leicht machen wir es den Kreditanstalten natürlich nicht. In der letzten Stufe Szenarios versucht der böse Wolf das Haus der Schweinchen umzupusten. Wir simulieren einen Börsencrash, indem wir einen Immobilienhai mächtig pusten lassen. Wenn das Gebäude stehen bleibt, gilt die Bank als sicher.

Schieflage: Verbraucher und Politiker fordern von den Geldinstituten eine größere Transparenz. Wie wollen sie deren praktische Umsetzung überprüfen? Mario Draghi: Sehen sie, mit der Transparenz ist es so eine Sache. Niemand möchte den gläsernen Menschen. Nicht umsonst schlägt der NSA-Skandal europaweite Wellen. Und genauso wenig kann irgend jemandem an einer gläsernen Bank gelegen sein. Deshalb werden wir bei unseren Tests sehr sensibel vorgehen und die Privatsphäre des Bankgeheimnisses und der Bilanzen wahren. "Schwarzgeld scheut das Licht", wie wir gerne unter uns Wirtschaftsexperten scherzen. Nichtsdestotrotz begrüßen wir natürlich die Vollverglasung eines Bankgebäudes, so dass die Kunden ihrem persönlichen Finanzberater beim Vorbeigehen zuwinken können.

Schieflage: Aber sie achten doch wenigstens darauf, dass die Banken genügend Liquiditätsrücklagen gebildet haben?

Mario Draghi: Mal ganz ehrlich: Wer von uns hat zuhause noch Geld rumliegen, wenn er jederzeit mit Karte zahlen kann. Deshalb haben wir auch nur einen Eigenkapitalanteil von 8% vorgeschrieben. Wenn alle Manager einer Bank das Kleingeld aus ihren Portemonnaies zusammenkratzen, ist bereits eine ausreichende Liquiditätsreserve gesichert. Eine eidesstattliche Versicherung des Finanzinstitutes, dass sich die Führungsriege in Krisenzeiten im Haus und nicht auf den Britischen Jungferninseln aufhält, reicht deshalb völlig aus, um den Test zu bestehen.

Schieflage: Was passiert, wenn eine Bank ihren Stresstest nicht besteht?

Mario Draghi: Dann wird sie von uns positiv bewertet.

Schieflage: Sie meinen sicherlich "negativ"?

Mario Draghi: Nein positiv. Sonst würden ihre Kunden in Panik geraten und das Geld abheben wollen. Das ist aber schon längst futsch, weil ihre Investmentberater es beim Glücksspiel verjuxt haben.

Schieflage: Ist das nicht aber sehr ungerecht gegenüber den Geldinstituten, die seriös gewirtschaftet haben?

Mario Draghi: Überhaupt nicht. Wenn Lieschen Müller ihr ganzes Geld bei der Skandal-Bank X abhebt und unter der Matratze versteckt, tut es ihr Lieschen Müllers Nachbarin bei der seriösen Bank Y doch gleich. Schlussendlich gehen in diesem Szenario alle pleite: Die Banken, der Staat, die Kunden. Nur die Matratzenhersteller würden profitieren.

Schieflage: Das wäre ja fürchterlich ...

Mario Draghi: Nein, das wäre neoliberaler Kapitalismus. Fürchterlich wäre es dass die ganzen arbeitslos gewordenen Banker in die Politik gehen würden, weil sie nichts Vernünftiges gelernt haben. Und wenn es keine Banken mehr gäbe, müsste ich dann möglicherweise einen Politiker-Stresstest entwickeln. Das möchte ich mir in meinem Alter nicht mehr antun.

Schieflage: Dann wünschen wir ihnen einen möglichst erfolgreichen Banken-Stresstest.

Mario Draghi: Da machen sie sich mal keine Sorgen ...

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