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Schwer verdauliche Pläne

Ein Interview mit Theresa May

Sehr geehrte Premierministerin. Sie haben Brüssel Anfang der Woche neue Pläne zu einem geregelten Brexit vorgelegt. Unter anderem schlagen Sie vor, Nordirland durch einen zirka 50 km breiten Kanal von der Republik Irland zu trennen.

Theresa May: Richtig. Mit dieser Maßnahme bannen wir das Horrorszenario einer unsichtbaren Grenze zwischen Großbritannien und der EU, ohne dabei geltende internationale Verträge zu verletzen.

Dublin hat aber bereits aufs Schärfste protestiert, da die nordirischen Bagger und Bulldozer auf der republikanischen Seite der Grenze begonnen haben, den Kanal auszuheben.

Theresa May: Jede der beiden Parteien muss bei der Umsetzung dieses historischen Plans Opfer bringen. Aus geologischen und propagandistischen Zwecken eignet sich das von uns ausgewählte Areal, das sich ungefähr 30 km nördlich von Dublin befindet, wesentlich besser zum Kanalaushub als das bisherige Grenzgebiet, da wir dort zunächst einmal die die Dartry Mountains und die Cuileagh Mountains abtragen müssten.

Kritiker bezweifeln, dass der Kanal bis zum Inkrafttreten des Brexits fertiggestellt werden kann. Selbst die positivsten Prognosen sagen eine Bauzeit von 50 bis 60 Jahren voraus.

Theresa May: Deshalb werden wir für diese Übergangszeit die Grenze mit einem 300.000 cm³ großen Plumpudding sichern, der sich harmonisch in die Landschaft einfügt und eine natürlich brechreizerregende Barriere für alle Nicht-Briten darstellt. Jeder Schleuser, Schlepper und Schmuggler, der versuchen sollte, sich durch die knapp 50 km dicke Puddingschicht hindurchzufuttern, müsste sich beim Betreten des nordirischen Territoriums sofort in ärztliche Behandlung begeben. Schließlich ist dieser gigantische Plumpudding das einzige von Menschenhand geschaffene Bauwerk, das aus dem Weltall bereits mit bloßem Auge einen Darmverschluss verursachen kann.

Die Produktion eines so dermaßen großen Plumpuddings scheint die britische Weihnachtsbäckerinnung vor eine große Herausforderung zu stellen.

Theresa May: Wenn wir Briten etwas können, außer unseren europäischen Partnern auf den Sack zu gehen, so ist es das Plumpuddingkochen. Erinnern wir uns an die glorreichen Zeiten, als Sir Francis Drake die Spanische Armada vernichtend schlug, als er ihre Schiffe mit Plumpuddingkugeln beschoss. In Gedenken an diese heroische Tat, die England bereits vor fast 500 Jahren vor dem Ansturm südeuropäischer Fremdarbeiter bewahrt hat, arbeitet ein über tausend Mann starkes Team um den Starkoch Jamie Oliver bereits mehr als ein Jahrzehnt mit Hochdruck an der Umsetzung des ehrgeizigen Projekts. Der entscheidende Durchbruch bei der Massenproduktion wurde durch die Gewinnung von synthetischem Rindernierenfett aus kondensiertem Royalismus erzielt, dessen Entdeckung und Erforschung mit EU-Fördergeldern finanziert wurde.

Apropos Finanzierung: Ein so gewaltiges Bauvorhaben muss doch Unsummen von Steuergeldern verschlingen.

Theresa May: Ich werde persönlich darüber wachen, dass der britische Steuerzahler nicht einen lausigen Penny dafür zahlen muss. Wir werden die Kosten in vollem Umfang den Iren in Rechnung stellen, deren billiger Fusel, deren papistische Grundgesinnung und deren proeuropäische Arschkriecherei diesen Kanal erst nötig machen.

Was passiert mit dem Plumpudding, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen worden sind?

Theresa May: Aus den bis dahin mörtelhart verkrusteten Endstücken werden wir künstliche Steilklippen formen, die als Touristenattraktion jährlich Hunderttausende anlocken wird. Diese können dann auf der aufgeschütteten Insel „Brandy Island“ Plumpuddingförmchen mit der Aufschrift „Britannia rule the waves“ zollfrei einkaufen oder das ebenfalls neugeschaffenen Eiland „New Robben Island“ besuchen, auf das wir unsere katholischen Mitbürgern umsiedeln werden, um sie vor sich selbst zu schützen. Der restliche Plumpudding wird sich nach dem Kanaldurchstich innerhalb kürzester Zeit aufgelöst haben und seine wunderbaren Ingredienzien werden Fischer auf beiden Seiten des Kanals über Generationen ernähren können. Natürlich werden die britischen Seeleute darauf spezialisiert sein, sich die Rosinen herauszupicken, denn Korinthenkacker haben wir in unserem geliebten Empire bereits mehr als genug.

Jetzt, wo der Plumpudding-Limes vor der Vollendung steht, befürchten zahlreiche Arbeitnehmer in der plumpuddingherstellenden Industrie und in deren Zulieferfirmen einen drastischen Wegfall von Arbeitsplätzen.

Theresa May: Da kann ich die vielen fleißigen und gut ausgebildeten Puddingarbeiter vom Lageristen bis zum Chemiker, vom Vorkoster bis zur Klofrau beruhigen. Wir haben bereits entsprechende Exportverträge mit unseren Partnern jenseits des großem Teiches und im Reich der Mitte abgeschlossen. Die Amerikaner schätzen Plumpudding als außerordentlich preisgünstiges und witterungsbeständiges Baumaterial. Die Freiheitsstatue ziert beispielsweise bereits seit mehr als drei Jahren das Atrium eines chinesischen Geschäftsmannes in Zhengzhou, doch bislang ist es niemandem aufgefallen, dass eine Kopie aus Plumpudding an ihrer statt die Schiffsreisenden in der neuen Welt begrüßt. Und auch in China ist unser Weihnachtsdessert zur Zeit ein Verkaufsschlager: Die Chinesen glauben, dass es sich bei dem Mann mit der roten Bommelmütze auf der Verpackung um Mao Tse-tung handelt, und außerdem essen sie ohnehin alles, was nicht bei drei aus der Puddingform gesprungen ist.

Rüstungsexperten befürchten, dass mit der Massenproduktion von Plumpudding ein Wettrüsten biologischer Waffen eingeläutet werden könnte.

Theresa May: Das ist völliger Humbug. Unsere Waffenexperten haben bereits vor mehr als 50 Jahren den Pudding auf seine Eignung als Bio-Kampfstoff mit dem Ergebnis untersucht: Es ist viel leichter, jemanden mit einem Plumpudding zu erschlagen als zu vergiften.

Frau Premierministerin, manche Kritiker werfen Ihnen vor, die Grenzen des guten Geschmacks mit diesem Plan überschritten zu haben, andere halten sie nur für größenwahnsinnig, völlig gaga und sturzbesoffen. Welcher dieser beiden Thesen würden sie eher zustimmen?

Theresa May: Ich finde es wichtig, dass Politiker liefern. Das Plum im Pudding steht nicht umsonst für Pflaume, und was mich betrifft, kann ich mit Gewissheit sagen: Die größte Pflaume von allen bin ich.

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