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Goths in Wacken, Headbanging auf Mittelalterfesten, Saltarello auf dem Gästeklo – wer steigt da noch durch? Lesen Sie sich schlau im

SCHWARZBUCH DER DEUTSCHEN DARKKULTUR

Gothic:

Die Gothic-Szene ist die einzige Branche, die davon lebt, tot zu sein. Dabei ist das Kokettieren mit Todessehnsüchten nicht gerade billig: Die Grufties geben ein Vermögen für Brüssler Spitze, Absinth, Pentagramme, Verwesungsgeruch und Friedhofsschänden aus. Und wer die Seele erst mal dem Teufel verpfändet hat, kann seinen Körper nur noch schwer zu Geld machen. Deshalb werden die Todessehnsüchte der Goths im Laufe ihres Lebens immer konkreter. Aber Vorsicht: So ein knackiger Selbstmord kostet, und sei es nur das Leben!

Wenn der Gothaholic nicht gerade lebensbejahende Poeme verfasst oder heimlich Mangas auf der Toilette liest, zieht er sich so ziemlich jede Depri-Mucke rein, die er für das Fleisch einer Ziege bekommen kann, wie zum Beispiel Depro-Punk, barocke Spinettmusik oder Herbert Grönemeyer. Schaurig klingt’s auch, wenn Gregorianische Mönche mit Elektroschockern gefoltert werden, damit sie Rainer Maria Rilkes "Duineser Elegien" im mongolischem Kehlgesang intonieren. Aber das ist so dark, dass es schon wieder als klassische Avantgarde-Musik durchgeht und von Deutschlehrern mit Patchworkseele während der Elternzeit gehört wird.

Metal:

Der Name Metal rührt von dem Brauch, dass die sogenannten "Metaller" ihre zahlreichen Merchandising-Produkte wie Bier, Bier und nochmals Bier in der Blütezeit der Sumpfkultur mit metallenem Hartgeld bezahlt hatten. Inzwischen setzt sich allerdings auch hier der bargeldlose Geldverkehr durch, und da die Metaller zu allen Kaufangeboten ihrer Lieblingsbands mehr "ja" und weniger "amen" sagen und dabei heftig mit dem Kopf nicken (sogenanntes "Head-Banging"), hat sich unter Szenegänger inzwischen der "Teufelsgruß" (oder auch "Pommesgabel") etabliert. Hierbei handelt es sich um eine abgespeckte Variante des bürgerlichen Meineides. Ein besonders beliebtes Accessoire ist ein schwarzes T-Shirt mit den Tour-Daten der Lieblingsband: Wenn das Langzeitgedächtnis erst mal irreversibel geschädigt wurde (zum Beispiel durch das Zusammenspiel von Bier, Headbanging und Meineid), freut sich der Metaller, wenn er später mal nachlesen kann, wo er in seinem Leben überall gewesen ist.

Metal-Musik ist deshalb so laut, damit sie den beißenden Geruch von Alkohol, Schweiß und Schwefel übertönt. Musiktheoretiker weisen zwar zurecht darauf hin, dass der klassische Metal auf modalen Skalen wie zum Beispiel dem äolischen oder phrygischen Modus basiert. Die meisten Bands sind allerdings schon froh, wenn sie an ihren E-Gitarren keinen gewischt kriegen, den Mikrofonständer von ihrem Konzertmanager unterscheiden können und das Schlagzeug nicht mehr zu sehr nach Urin stinkt. Den Rest erledigt eine völlig übersteuerte Musikanlage.

Man unterscheidet aus marketingtechnischen Gründen zwischen 3785 verschiedenen Metal-Richtungen wie Heavy Metal (klingt wie Zahnschmerzen), Black Metal (klingt wie eingewachsene Fingernägel), Death Metal (klingt wie eingewachsene Fußnägel), Gothic Metal (das selbe in Fies-Dur) oder Industrial Metal (coolerer Name), es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis auch der Akkordeon-Metal, der Ballermann-Metal, der Metal-Metal und der Wiener-Sängerknaben-Metal die Charts stürmen werden.

Mittelalter:

Das dunkle Mittelalter war längst nicht so dunkel, wie man immer denkt; zum einen sind die Menschen gar nicht alt genug geworden, um groß zu klagen, zum anderen konnten sie sich ja den ganzen Tag auf Mittelaltermärkten herumtreiben. Das moderne Mittelalter findet jedes Wochenende auf einer anderen Burg in Mittelerde statt – so stellt man die flächendeckende Ausbreitung von Seuchen und Ungeziefer sicher. Mittelalte pilgern gutgläubig in Scharen und in Gewandung auf das Festivalgelände. Um eine wertvolle Gewandung zu fertigen, nimmt man einen Kartoffelsack und schneidet bei Bedarf ein paar Löcher hinein, bevor man ihn teuer verkauft. Das ganze nennt man Beutelschneiderei.

Mittelalterliche Musik klingt wie Vangelis auf Kirschbier. Mittelalterbands singen entweder im Vollsuff oder von ihrer Liebe zur göttlichen Natur – oder beides gleichzeitig, indem sie auf die unschuldige Wiese hinter der Bühne torkeln, um den vielen Met auszukotzen.

Die Mittelalterwelle ist sicherlich die größte Wachstumsbranche innerhalb der Wirklichkeitsverneinungsindustrie, seit führende Alchimisten magische Kästen erfunden haben, die moderne Kreditkarten lesen können. Wenn jetzt noch ein gewitzter Eventmanager auf die Idee kommen sollte, Piratennester an Baggerseen, Römische Dekadenzfestspiele in idyllischen auf-dem-Landtagen oder das Warschauer Ghetto im Warschauer Ghetto nachzustellen, wandert das heitere "Wünsch-dir-was"-Volk auf direktem Wege in den mittelalterlichen Schuldturm, zur ach so peinlichen Befragung des Kontostandes.

Fazit:

All diese Feierabend-Rebellen verbindet der Wunsch nach Nonkonformität. Während andere Teenies ihre Hohlbirnigkeit durch den Kauf teurer Designerklamotten beweisen, kleidet sich der mittelalterliche Gothicmetaller unangepasst. Und damit das Schwarz der Kutte (egal ob Leder- oder Mönchskutte) noch schwärzer ist, als das weichgespülte Schwarz der Spießergesellschaft, lässt er sich das gerne was kosten ...

Sie sind der 62997657. Besucher seit der Trennung der Beatles.   

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