SCHIEFLAGE - Damit Sie in jeder Lage schief gewickelt sind!
Das Magazin für gezielt desinteressierte Desinformation

Von Kochkäse und Zahnfeen

Ein Vorabdruck der wichtigsten Passagen aus Bettina Wulffs literarischer Abrechnung mit diesem, jenem und dem Wulff



(...)

Im April 2006 lernte ich den Wulff während einer Dienstreise nach Südafrika kennen. Ich traf in einem Supermarkt, wo er hilflos vor der Käsetheke stand und vergeblich nach Kochkäse Ausschau hielt. „Sind sie nicht der Westerwelle?“, fragte ich ihn. Der Name Wulff sagte mir gar nichts und der Typ war so charismatisch wie ein Schirmständer. Ich riet ihm zu einem herzhaften Confit d'Epoisses oder dem würzig duftenden Arômes au Gène de Marc und gab ihm eine falsche Telefonnummer.

Nach meiner Rückkehr nach Hannover lief mir Wulff dann in der Markthalle wieder über den Weg, wo er ein Kochkäsebrötchen bei der „Dicken Bertha“ mümmelte. Hinter ihm stand ein Schrank von einem Mann, der ihn nicht aus den Augen ließ. „Ist das ihr Bewährungshelfer?“, fragte ich ihn. Doch es war sein Leibwächter, denn Wulff war niedersächsischer Ministerpräsident. Diesmal gab ich ihm die richtige Telefonnummer, denn plötzlich fand ihn irgendwie ganz schnuckelig. Eine Woche später lud er mich dann zu sich nach Hause ein. Es gab Kochkäse und Cervelatwurst, und hinterher hatte ich Sex mit seinem Leibwächter.

(...)

Es war gar nicht so leicht, die damalige Frau vom Wulff dazu zu bewegen, in die Scheidung einzuwilligen. Da wir damals noch in einer billigen Absteige mit Etagenklo im hannoverschen Zooviertel wohnten, musste ich im Winter jeden Tag mit den glühenden Schürhaken über den eisigkalten Hof zur Garage laufen, wo wir die Frau vom Wulff gefangen hielten.

(...)

Der Sex mit Wulff war langweilig. Er kannte nur die beiden Stellungen „Katholisch“ und „Mit Augen auf“. Hinterher gab es immer Schnittchen mit Kochkäse und ein Glas warmes Milch.

(...)

Eines Tages besuchten wir ein paar komische Bekannte aus Wulffs Kindheit, die mit dem Geld nur so um sich warfen. Es gab Kochkäse und Cervelatwurst, und ich erzählte, wie ich immer die glühenden Schürhaken über den eisigkalten Hof tragen musste. „Kinder,“ sagte der olle Geerkens, „ihr braucht ein eigenes Haus. Hier habt ihr ein paar Millionen, nun werdet glücklich damit.“ Wulff stellte sich demonstrativ mit verschränkten Armen in die Ecke und sagte: „Nee, so was unmoralisches mache ich nicht. Die Leute denken am Ende noch, ich würde mich bestechen lassen.“ Dabei wollte der Geerkens nur ein wenig mit mir rummachen und war schon glücklich, meinen Oberschenkel betatschen zu dürfen, als seine Frau und der Wulff auf Toilette ihren Lidstrich nachzogen. Einige Tage später musste der Wulff dann zum Zahnarzt. Ich nutzte die Gelegenheit und stopfte das Geld unter sein Kopfkissen. „Das war bestimmt die Zahnfee“, erklärte ich. „Na, dann ist ja gut“, sagte der Wulff.

(...)

„Nein, ich bleibe lieber in der Landespolitik!“ Der Wulff kann manchmal recht pedantisch sein. Dabei war es wirklich nicht einfach, den Köhler zum Rücktritt zu bewegen (zum Glück waren inzwischen in unser Häuschen umgezogen und ich musste nicht mehr ständig über den eisigkalten Hof laufen). Danach hatte ich den Gauck als möglichen Kandidaten lanciert, so dass der Merkel gar nichts anderes übrig blieb, als bei uns anzurufen. Und dann wollte mir dieser kochkäselutschende Schirmständer einfach so die Tour vermasseln. Ich habe ihm einfach gesagt, dass die Niedersächsische Staatskanzlei wegen Renovierungsarbeiten geschlossen werden müsse und wir so lange im Schloss Bellevue wohnen würden.

(...)

Seit der Wulff Bundespräsident ist, lebt er richtig auf. Das machen vielleicht die vielen Reisen, die seinen Horizont erweitern. Kochkäsepizza, Kochkäseburger, Kochkäse au vin, Kochkäsesuflaki, Kochkäse aus dem Wok – kein Wunder, dass der Wulff irgendwann völlig den Bezug zur Wirklichkeit verloren hatte. Eines Tages kam er völlig überdreht nach Hause und verlangte abartigen Sex. Ich sollte mir einen Hosenanzug anziehen und ihm einen blasen. Ich scheuerte ihm stattdessen eine und der Wulff schlief danach brav auf dem Sofa ein.

(...)

„Du, Schatzi ... du musst mir die Wahrheit sagen: Das Geld für unser Haus damals, das kam doch auch wirklich von der Zahnfee?“ Ich werde niemals den völlig desillusionierten Blick vom Wulff vergessen, als ich ihm erklären musste, dass es weder eine Zahnfee, noch den Weihnachtsmann gibt, und dass Kochkäseschnittchen auch dann noch dick machen, wenn man ein saures Gürkchen dazu isst.

(...)

Ich beneidete Veronika um ihren Maschmeyer. Der ist zwar irgendwie genauso uncharismatisch wie der Wulff, aber er hatte damals wenigstens eine lustigere Haarfrisur. Und als wir eines abends mal wieder zu viel gesoffen hatten, ahmte er den Wulff nach und wir lachten uns in die Ecke. Plötzlich kam einer von uns (wahrscheinlich ich) auf die Idee, er solle den Diekmann von der Bildzeitung anzurufen. „Hallo, Herr Kai Diekmann von der Bildzeitung. Hier spricht. Wulff. Christian Wulff. Ich finde das im höchsten Maße UNMORALISCH von ihnen, diesen kleinen Fehltritt vom Wulff so aufzubauschen. Da kommt mir doch der KOCHKÄSE wieder hoch, sie kleines, mieses Rumpelstilzchen, sie.“ Am nächsten Morgen war es dann nicht mehr ganz so lustig. Wir müssen wohl doch wieder aus dem Schloss Bellevue ausziehen.

(...)

Götterdämmerung. Der Lauf der Geschichte lässt sich nicht mehr aufhalten. Morgen wird der Wulff zurücktreten müssen. Doch ohne Gegenwehr sollten uns diese Schweine nicht bekommen: „Wulff, wir könnten uns doch im Führerbunker verschanzen, und wenn sie uns holen kommen, dann erschießen wir uns.“ Doch Wulff wollte nur nach Hause fahren und noch ein paar Schnittchen mit Kochkäse und Cervelatwurst essen.

(...)

Heute Morgen kam der Wulff nachdenklich aus dem Schlafzimmer geschlendert, wo er aus Langeweile die Hemden auseinandergefaltet und danach wieder frisch zusammengelegt hatte, und fragte mich sorgenvoll: „Glaubst du eigentlich, dass es für uns noch eine Zukunft geben wird?“ Doch jetzt, wo ich dieses Buch beendet habe, werde ich meine Zelte hier abbrechen und mir neue Herausforderungen suchen. Ich kann nämlich so langsam keinen Kochkäse mehr sehen.

Das Buch erscheint im November dieses Jahres unter dem Titel „Günther Wallraff: Ganz oben – Im Körper der First Lady“ im Münchner Diva-Verlag.

Sie sind der 192286650. Besucher seit Raider Twix heißt.   

Impressum & Datenschutz


Vorheriger Artikel  : Vorheriger Monat

Impressum & Datenschutz