SCHIEFLAGE - Damit Sie in jeder Lage schief gewickelt sind!
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Touchdown für den Frieden

„Wach auf, Mausezahn, du hattest wieder diesen Traum.“ Michelle rüttelt ihn sanft an der Schulter. „Habe ich wieder wie ein Wolf geheult?“, fragt Barack und setzt sich auf. Schon seit Jahren plagt ihn immer wieder der gleiche Traum: Er sitzt inmitten des Lagers von Guantanamo Bay an einem Tisch und liest den Gefangenen aus seiner Autobiographie vor. Danach verteilt er Autogramme, als die Häftlinge zum Himmel schauen und aufgeregt zu Schreien beginnen: „Der Wolf wird kommen! Er ist schon hier!“ Obama sieht nach oben und bemerkt, dass die gleißende Sonne in Wirklichkeit der Mond ist, und es fühlt sich an, als sei der Mond in ihm, in seinem Kopf, in seinem Gehirn, und er wird immer größer und größer und größer …

Der mächtigste Mann der Welt schlüpft in seine Häschen-Pantoffeln und schlurft in die Küche. Manchmal hilft ein Glas warme Milch. Sein Seidenpyjama klebt an seinem angstschweißigen Körper. Im Glas der Wohnzimmervitrine spiegelt sich schwach sein Gesicht, und er muss über sein weißes Milchbärtchen schmunzeln. Als er hinter der Scheibe die Friedensnobelpreismedaille glänzen sieht, verhärten sich seine Gesichtszüge.

„Was heißt hier ‚No, we can‘t‘?“, fragte er zu Beginn seiner Amtszeit mit dem Mute und der Naivität des frisch gekürten Friedensnobelpreisgutmenschen. „Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass die meisten Guantanamo-Insassen so gefährlich sind wie Gänseblümchen.“ Sein damaliger Sicherheitsberater James L. Jones wischte sich lässig den Präsidentenspeichel vom Lametta und konterte: „Natürlich waren diese jämmerlichen Gestalten keine Terroristen, als wir sie damals wegfingen, um Erfolge vorzutäuschen. Aber glauben sie mir, Mr. President: Wir werden sie mit unserer besonderen Zuwendung zu Terroristen gemacht haben – und sie werden sich an uns rächen!“

Obwohl er ahnte, dass Jones Recht hatte, quälte Obama diese himmelschreiende Ungerechtigkeit. Bis er seiner Tochter Malia Ann in einer Schulaufführung von Kafkas „Prozess“ zusah. Da begriff er schlagartig, dass es überhaupt nicht um persönliche Schuld ging. Es ging um „die Nine/Eleven-Maschine“, die niemand mehr stoppen konnte, wenn sie einmal ins Arbeiten gekommen war, die Namen in Nummern verwandelte, Dämonen mit Stromkabeln vertrieb und Lebenswillen mit Wasser läuterte. Kurz gesagt: Es ging um „die Maschine“, die aus persönlichen Biographien anonyme Schicksale fertigte.

Als Obama „die Maschine“ das erste Mal besuchte, bestaunte er ihre ungeheuren Dimensionen. Eine ganze Stadt hatte sich wie eine Anakonda um den kleinen Gefängnistrakt gewunden und verdaute langsam den Lebensmut der wenigen Gefangenen, um immer fetter und träger zu werden. 2000 Marines lebten hier inzwischen, es gab wie in jeder amerikanischen Kleinstadt einen Burgerladen und ein Kino. Die wenigen Frauen, die in den Geschäften arbeiteten, träumten davon, mal einen richtigen Terroristen vergewaltigen zu dürfen. Und wenn ihre Kinder vom Spielen nach Hausen kamen, hatte eines von ihnen immer nasse Haare. Der amerikanische Geist überzog wie ein Ölfilm die Straßen – eine Mischung aus Angst, Wut, Unersättlichkeit und Überheblichkeit, die nach Benzin, Pisse und verbranntem Fleisch roch. Obama verstand.

Als er die Häftlinge sah, musste er an Kaspar Hauser, dem Wolfsjungen denken. Und er beschloss, diesen erbarmungswürdigen Kreaturen den „American way of life“ zu lehren. Sie bekamen Hamburger und den Playboy in ihre Zelle geliefert, durften ein American Football Team gründen, und einmal kam der Präsident sogar persönlich herüber gejettet, um mit ihnen gemeinsam „I Did It My Way“ zu singen. Als er dachte, die Gefangenen wären resozialisiert genug, um wieder entlassen werden zu können, wischte sich seine neue Sicherheitsberaterin Susan E. Rice lässig den Präsidentenspeichel vom Lametta und konterte: „No, we can‘t! Inzwischen sind sie gute Amerikaner geworden – und somit noch viel gefährlicher als gewöhnliche Terroristen.“

Obama war am Boden zerstört. In der ersten Wut über sein persönliches Scheitern wollte er seinen Friedensnobelpreis zurückgeben. Doch das wäre den Menschen in der Maschine gegenüber nicht gerecht gewesen, die jeden Tag aufs Neue mit all ihrer Liebe und Hingabe die Eingekerkerten aufopferungsvoll gedemütigt, gefoltert und ihrer Identität beraubt hatten. Und das alles nur aus der tiefsten Überzeugung, dadurch den Frieden in ihrem freiheitsliebenden Vaterland aufrecht zu erhalten.

Dann begannen die Träume. Wolfsträume. Der Präsident schläft von nun an keine Nacht mehr durch und ist ständig nervös und schnell gereizt. Er kaut an seinen immer schneller wachsenden Fingernägeln und rauft sich sein immer schneller wachsendes Haar. Sein Steak isst er nur noch blutig. Guantanamo wird zur Obsession. Als er Angela Merkel trifft, um in Hannover (oder war es Aachen?) irgend etwas zu eröffnen (war es eine Messe?), macht er sich vor seiner eigenen Delegation lächerlich, weil er lieber die JVA in der Schulenburger Landstraße besuchen will. Die Kanzlerin übergeht diesen Fauxpas wortlos, aber Obama hört ihr auch schon längst nicht mehr zu.

Der mächtigste Mann der Welt schaut aus dem Fenster. Vollmond. Sein Rudel wird jetzt den selben Mond sehen und unruhig durch die Zellen schleichen. Die Schatten der Gefängnisstäbe werden die gegenüberliegende Wand durchschneiden wie Amerika ihre Seelen durchschnitten hat. Bald wird seine Amtszeit auslaufen. Dann wird er frei sein und als Prisoner „Double Zero“ ins Camp Delta einziehen – als Wolf unter Wölfen. Er wird seine Friedensnobelpreismedaille als Trophäe für das jährliche American-Football-Turnier stiften, und wenn ihm dann drei Sekunden vor Ende der Begegnung der entscheidende Touchdown gelingt, dann hat er sie sich endlich redlich verdient.

Obama wirft seinen Kopf in den Nacken und heult den Mond an. Es klingt ein wenig wie „O’er the land of the free and the home of the brave.“

Sie sind der 898200065. Besucher seit ich herausgefunden habe, wie man diesen Zähler manipuliert.   

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