SCHIEFLAGE - Damit Sie in jeder Lage schief gewickelt sind!
Das Magazin für außerordentliche Verfahrenspraktiken

Der Erlkönig

Coronade nach Johann Wolfgang von Goethe

Wer wartet so spät bei Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
und macht sich Sorgen, denn der Bub ist so warm.


Die Zwei auf dem Hof sind längst abrittbereit,
Doch diese Nacht lässt sich der Erlkönig Zeit.
Schon ist es um neune, schon ist es um zehn,
Der alte Zausel ist nirgends zu seh‘n.


Graf Drosten, sehr kundig in schwarzer Magie,
Trieb ihn in die übelste Melancholie.
Von Virenschleudern und giftigem Rotzen
Kriegt Erlkönig schon beim Dran Denken das Kotzen.


„Der feine Knabe kann mit Dir nicht gehen.
Hygieneregeln – Du musst das verstehen!
Um Leid ihm zu tun, auszustrecken die Hand –
Das scheitert an zwei Metern Mindestabstand.


Den brauchst du“, sprach Drosten, „sonst wirst du nicht alt,
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.
Verpfeif‘ ich dich nämlich beim Dorfpolizisten,
Sperrt der dich zwei Wochen in Einzelhaftkisten.“


Was ist mit den Töchtern, dem nächtlichen Reihn,
Dem Wiegen und Tanzen im Vollmondenschein? –
Die Hände, sie zittern, vor Angst tropft der Schweiß;
„Ich schau lieber ‚Tatort‘! Das wird mir zu heiß.“


„Mein Vater, mein Vater, wir warten seit Stunden,
Der Schisser hat Angst, bis der Impfstoff gefunden.“ -
„Bleib umsichtig, werde nicht töricht, mein Kind,
Auch ohne Erlkönig gefährdet wir sind.“


Gegen kindliche Kraft ist das Virus ohnmächtig,
Dem kleinen Rabauken geht‘s längst wieder prächtig.
Der Vater vergisst alle Kummer und Not,
Hält das Kind in den Armen und ist dabei tot.

Sie sind der 781094676. Besucher seit den olympischen Winterspielen in Montreal.   

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