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Ein völlig langweiliger Artikel ...

Es gibt wahrscheinlich kein trockeneres Forschungsgebiet als die Langeweile. Deshalb war die Menschheit auch zweitausend Jahre lang zu glauben bereit, dass der griechische Denker Aristoteles mit seinem verlorengegangenen Satz: "Die Langeweile ist die Spanne zwischen zwei Glücksmomenten" bereits alles zu diesem Thema gesagt hätte.

Zwar äußersten sich auch spätere Philosophen wie Descartes ("Ich langweile mich, also bin ich"), oder Wittgenstein ("Die Welt ist alles, was uns langweilen kann") zu diesem lustlosen Thema, langweilten ihre Zeitgenossen allerdings damit zu Tode.

Den wohl monotonsten Beitrag leistete Immanuel Kant. Er ermüdete Königsberg sowie seine Zeitgenossen mit dem kategorischen Gähner ("Langweile dich nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie allgemein zu ennuieren vermag“) und läutete damit das Zeitalter der Abklärung ein.

Stark geprägt von dieser Mattigkeit verfiel Goethe in seine Schnarch- und Zwangzeit und schrieb 1774 "Die Leidenschaftslosigkeit des jungen Werther". Der Held des Buches erschießt sich in einem Anfall rasender Langeweile. Das Buch ist mindestens genauso eintönig wie "Die Blechtrommel" von Günter Grass.

Während Kunst und Philosophie sich also schon längst der Langeweile verschrieben hatten, dauerte es bis ins 17. Jahrhundert, ehe sie auch Gegenstand der Physik wurde. Der englische Wissenschaftler Sir Isaac Newton entdeckte die Lustlosigkeit, als er unter einem Baum lag und sich mit Äpfeln befallen ließ. Das fand er langweilig und es erfüllte sein Innerstes mit melancholischer Schwere. Deshalb entwickelte er die Theorie der Schwerkraft.

Die daraus abgeleiteten mathematischen Formeln ermöglichten erstmals seit der Maya-Zeit wieder die ermüdende Berechenbarkeit der Himmelskörper und ihrer Umlaufbahnen. Das hat niemanden weiter interessiert, bis ein knochentrockener Astronom feststellte, dass die Bahn des Merkurs um die Sonne mit den bisherigen Theorien nicht in Einklang zu bringen sei.

Albert Einstein fand heraus, dass der Merkur sich deshalb so verrückt benahm, weil es ihm zu langweilig geworden war, die immergleichen ausgetretenen Himmelspfade zu beschreiten. Außerdem fand der berühmte Hobby-Physiker heraus, dass eine Zitrone langweilig genug ist, um eine ganze Stadt in den Schlaf zu wiegen. Seine Relativitätstheorie gipfelte in der berühmten Formel:

Langweile = Trägheit x Lichtgeschwindigkeit²,

was besagt, dass wir in völliger Langeweile aufgingen, wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit in einem Raumschiff reisen würden. Das liegt daran, dass wir zu diesem Zeitpunkt schon längst tot wären. Angeblich soll Einstein während der Nobelpreisverleihung eingeschlafen sein.

Die Quantenmechanik hat entdeckt, dass die gleichzeitige Bestimmung von Ort und Geschwindigkeit eines Elementareilchens viel zu langweilig wäre. Das bedeutet, dass auf der submolekularen Ebene keine schrillen, steilen oder scharfen Ereignisse zu erwarten sind. Daraus leitete Heisenberg die Unschärferelation ab. Hier gilt:

delta A x delta B ³ h / 4p,

was kein Mensch versteht, aber schon auf dem ersten Blick völlig ermattend ist.

Lange Zeit dachte man auch, dass das Vakuum deshalb Vakuum heiße, weil nichts drin ist. Nichts ist wiederum so langweilig wie die Langeweile. Also weiß man heutzutage, dass das Vakuum pickepackevoll ist mit Langeweile. Und fast überall im Universum regiert das Vakuum: zwischen den Galaxien, in den sogenannten Vakuumkammern und in den Köpfen der meisten Menschen. Mehr als 95% des gesamten Kosmos ist öde, öde, öde. Und über die restlichen fünf Prozent wollen wir erst gar nicht reden.

Außerdem wissen wir, dass die Langeweile nicht kleiner als 10hoch35 Meter sein kann und mindestens 10hoch44 Sekunden dauert (die sogenannte "Geplänckel-Zeit"), meistens aber viel länger. Die String-Theorie besagt, dass die Langweile sich wie die Käsefäden auf einer Pizza zieht und dass sie des weiteren aus mindestens 10 Dimensionen besteht, damit uns auch so richtig langweilig wird. Überhaupt sind die Galaxien nur entstanden, weil nach dem Urschnarch einige Gebiete – wie zum Beispiel Castrop-Rauxel – eine höhere Dichte an Eintönigkeit aufwiesen als andere. Theologen halten diese Theorien für Mumpitz, geben aber inzwischen zu, dass Gott die Erde wohl nur geschaffen habe, um damit seine nicht enden wollende Langeweile zu bekämpfen.

Heutzutage werden diese Forschungsergebnisse auch industriell in großem Maßstab genutzt. So sind die Volksmusiksendungen der Öffentlich-Rechtlichen, das Kaffeekränzchen mit Schwiegereltern und die Koalition der Mitte ebenso wenig aus unserem alltäglichen Leben wegzudenken, wie dieser Artikel selbst, der die Krönung der Eintönigkeit darstellt. Er wurde mit dem derzeit modernsten Teilchenbremser SCHLEPP am Genfer Institut CERN generiert und ist das absolut Langweiligste, was an künstlichen Stillstand bislang jemals erzeugt wurde. Er ist sogar so langweilig, dass es noch nicht einmal für eine Schlusspointe reicht.

Sie sind der 432163311. Besucher seit der Trennung der Beatles.   

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